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Unser Julius

Verfasst: Donnerstag 25. Juli 2019, 10:39
von JuliusMama
Wir haben uns sehr auf unser erstes Kind gefreut. Schon lange hatte ich einen Kinderwunsch und dann, um Jahr 2017 waren wir beide bereit für ein Kind. Wir hatten dann eine Fehlgeburt in der 10. Woche und ich wurde schnell wieder schwanger. Unser Kind sollte am 6. Dezember 2018 zur Welt kommen.
Die Schwangerschaft verlief ohne Komplikationen. Unser Kind (wir wussten sein Geschlecht noch nicht) lag in Beckenendlage. Dadurch war die geplante Geburt im Geburtshaus nicht möglich und wir sind in die Havelhöhe gegangen. Für eine spontane Geburt aus Beckenendlage. Die Geburt dauerte 10 Stunden und unser Julius erblickte am 29.11.2018 das Licht der Welt.
Doch er hat nicht geatmet, hatte keinen Muskeltonus und sein Puls war viel zu niedrig. Er wurde schnell abgenabelt und dann in einen anderen Raum gebracht. Dort wurde er reanimiert. Sie haben gekämpft um sein Leben. 25 Minuten lang haben sie alles versucht, um seinen Kreislauf stabil zu bekommen. Dann wurde er übergeben an die Spezialisten des DRK Westend. Kurz darauf wurde er verlegt. Und wir hinterher.
Julius musste erst einmal gekühlt werden. Drei Tage und Nächte lag er auf einer Kühlmatte, wurde beatmet und war in einem komatösen Zustand. Ein MRT von seinem Gehirn zeigte Schäden. Aber noch hatten die Ärzte Hoffnung. Hoffnung, dass er lebensfähig wäre, mit gewissen Einschränkungen.
In den Tagen der Kühlung waren wir so viel wie möglich an seinem Bett. Haben Händchen gehalten, mit ihm gesprochen, gesunden und ihn berührt. Wir haben wenig geschlafen. Waren einfach nur bei Julius. Waren da. Haben geliebt.
Nach der Zeit der Kühlung durften wir ihn auf den Arm nehmen. Mit all den Schläuchen, der Beatmung, den Kontrollsystemen. Wir haben ihn gehalten. Drei Tage lang haben wir ihn gehalten. Und nachts haben wir ganz in seiner Nähe geschlafen. Im Nachbarzimmer mit offener Tür bzw. direkt neben seinem Pflegebettchen.
Dann wurde ein zweites MRT angefertigt. Es zeigte ein stark geschädigtes Gehirn. Die Schäden waren so groß, dass es keine Therapiemöglichkeiten gab und keine Aussicht auf eine Besserung. Julius hätte nie mit uns kommunizieren können, hätte keinerlei Reflexe gehabt, wäre nie von den lebenserhaltenden Maschinen weggekommen.
Und wir wollten ihn nicht mehr leiden sehen. Es tat uns Leid, dass er so gezwungen wurde „da“ zu sein. Wir wollten ihn nicht loslassen und doch wollten wir seine Freiheit, wir wollten, dass er seinen Weg gehen darf.
Daher haben wir an seinem achten Lebenstag, nachdem wir ihn noch einmal Haut auf Haut spüren durften, entschieden, dass er gehen darf, wenn er das will. Wir haben die Beatmung beendet. Er lag auf meiner Brust und ist in unseren Armen friedlich verstorben.

Eine ausführliche Beschreibung seiner acht Lebenstage findet ihr auch unter: juliusmama.home.blog.

Wir haben Julius Aaron noch eine Nacht bei uns gehabt – im Zimmer der Neonatologie. Dann wurde er vom Bestatter abgeholt. Wir haben anschließend seine Beerdigung organisiert (ein schwerer Gang für frisch gebackene (verwaiste) Eltern) und ihn 10 Tage nach seinem Versterben auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof beerdigt.

Wir sind froh, dass wir unseren Sohn 8 Tage bei uns hatten. Und doch ist es unser größter Schmerz, dass er nicht in unseren Armen aufwachsen kann. Wir vermissen ihn jeden Tag.